5. August 1962
Bilder: Lothar Spurzem, Hans-Werner Kaltz, Manfred Rommelsheim, H-J Roegler
Nürburgring-Nordschleife
Streckenlänge: 22,810 Kilometer
Graham Hill siegte im Regenrennen
Der Große Preis von Deutschland
1962 ging als Regenrennen in die Geschichte des Nürburgrings ein.
Wolkenbruchartige Regenfälle und starker Nebel wechselten sich ab. Die Sicht
betrug teilweise nur 80 Meter.
Fahrer
Carel Godin de Beaufort
Ritchie Ginther
Lorenzo Bandini (Ferrari 156)
Bruce McLaren
Phil Hill
Jack Brabham
Dan Gurney
Trevor Taylor
Joakim Bonnier
Training
Startverbote und Kamera-Unfall in der Fuchsröhre
Die beiden deutschen Fahrer Gerhard
Mitter und Wolfgang Seidel mussten schon nach dem Training ihre Wagen wieder
einpacken. Wolfgang Seidel
schraubte an seinem Lotus und die Trainingszeit reichte nicht für einen
Start. Über Gerhard Mitter verhängte die Rennleitung ein Startverbot, mit der
Begründung einer fehlenden Praxis mit Formel-1-Wagen. Die Entscheidungen der
Rennleitung ernteten offene Kritik. Trevor Taylor, der die vorgeschriebenen
Trainingsrunden nicht erfüllte, durfte starten.
Jack Brabham debütierte mit seinem Brabham
beim Großen Preis von Deutschland. Mit einer Trainingszeit von 10:21,6 Minuten
fand er sich fast am Ende der Startaufstellung wieder.
Graf Carel Godin de Beaufort fuhr einen
alten Vierzylinder-Porsche. Der Fernsehsender Südwestfunk wollte
wirklichkeitsnahe Bilder vom Rennen zeigen und montierte im Training eine
16-mm-Kamera hinter dem Sitz von Carel de Beaufort. Zunächst fuhr de Beaufort
eine verhaltene Runde und dann „voll“. Als Carel Godin de Beaufort in die
Fuchsröhre hinein fuhr, waren die Schwingungen, denen die Kamera ausgesetzt war,
so stark, dass sich die Kamera aus der Halterung löste, herunterfiel und auf der
Rennstrecke liegen blieb. Carel de Beaufort bemerkte das Herunterfallen der
Kamera nicht und fuhr die Runde weiter. Der Streckenposten warnte die anderen
Fahrer nicht sondern meldete den Vorfall über das Streckentelefon der Rennleitung. Der
nachfolgende Graham Hill schlitzte sich an der Kamera den Öltank auf. Die
Ölfontäne spritzte an die Hinterräder seines BRM. Der Wagen landete im Graben
und wurde wieder auf die Strecke zurückkatapultiert, bevor er in den Büschen zum
Stehen kam. Auch der Cooper von Tony Maggs drehte sich auf der Öllache und wurde
in die Eifelbüsche geschleudert. Beide Fahrer blieben fast unverletzt. Bei dem
Rennen am Sonntag waren beide Fahrer am Start.
Dan Gurney (Porsche 804) fuhr auf die Pole-Position in 8:47,2 Minuten.
Der Ferrari 156 mit der Shark Nose von Ricardo Rodriguez im alten Fahrerlager.
Der Porsche 8-Zylinder-Rennwagen.
Jim Clark (Lotus 25)
Joakim Bonnier (Porsche 804)
Joakim Bonnier mit dem 8-Zylinder-Porsche (804) im Training noch ohne Startnummer.
Dan Gurney (Porsche 804) nach seiner Trainingsbestzeit.
Richie Ginther (BRM P57) parkte im Training ausgangs des Karussells.
Bruce McLaren (Cooper T60)
Im Training verunglückte Graham Hill (BRM P57) im Streckenabschnitt Fuchsröhre, nachdem er
über die heruntergefallene Onboard-Kamera von Carel Godin de Beaufort (Porsche 718) gefahren war.
Richie Ginther (BRM P57)
John Surtees (Lola MK4)
Roy Salvadori (Lola MK4)
Maurice Trintignant (Lotus 24)
Jim Clark (Lotus 25)
Trevor Taylor fuhr mit seinem Lotus 24 nicht die vorgeschriebenen Trainingsrunden,
durfte aber trotzdem starten.
Ricardo Rodriguez (Ferrari 156)
Giancarlo Baghetti (Ferrari 156)
Lorenzo Bandini fuhr wie seine Kollegen von der Scuderia Ferrari einen Ferrari 156, aber ohne die
charakteristische Shark Nose.
Rennen
AvD-Rheinland-Pfalz-Preis
Das Rennen der GT-Wagen um den
AvD-Rheinland-Pfalz-Preis wurde vor dem Großen Preis ausgetragen. Das Rennen
endete in einem wahren Wolkenbruch. Die Sicht war so schlecht, dass von der
Haupttribüne der Dunlop-Turm in der Regenwand nicht auszumachen war. Das Rennen
gewann der Ungar von Csazy auf Ferrari GTO. Peter Lindner kam im Hatzenbach mit
seinem Aston Martin spektakulär von der Strecke ab und konnte das Rennen
trotzdem noch fortsetzen. Er belegte den zweiten Platz im Gesamtklassement.
Start der GT-Wagen um den AvD-Rheinland-Pfalz-Preis.
Vorne rechts mit der Startnummer 3 der Ferrari GTO von K. von Csazy, dem späteren Sieger.
Startverzögerung
An zwei Stellen
gab es kleine Erdrutsche, so dass die Strecke für eine Stunde gesperrt und der
Start verschoben wurde. Aufgrund des starken Regens wurde eine, damals noch
unübliche, Einführungsrunde über die Start- und Zielschleife mit der
Abkürzung durch das Tor am Ende der Gegengerade gefahren.
Hermann Lang
sollte mit dem Nürburgring-Siegerwagen von Rudolf Caracciola (Mercedes) von 1939
eine Demonstrationsrunde fahren. Aber aufgrund des Regens wurde die Runde auf
die Zeit nach dem Großen Preis verschoben.
Großer Preis von Deutschland
Startaufstellung
Die Wagen von Joakim Bonnier (Porsche 804) und Jo Siffert (Lotus 21) werden zur Startaufstellung geschoben.
Jack Brabham (Brabham BT3)
Um 15:00 Uhr
ließ der Regen nach. Dan Gurney entschied den Start für sich. Graham Hill, John
Surtees und Phil Hill folgten. Jim Clark starb der Motor ab und er konnte erst
mit einer Minute Verspätung das Rennen aufnehmen. Nach der ersten Runde führte
Dan Gurney dicht gefolgt von Graham Hill. Jim Clark lag trotz des Zeitverlustes
schon im Mittelfeld.
Um die Führung
kämpften Dan Gurney, Graham Hill und John Surtees verbissen. In der dritten
Runde übernahm Graham Hill die Führung und später überholte auch John Surtees
Dan Gurney. Diese Reihenfolge änderte sich bis zum Zieleinlauf nicht mehr,
gleichwohl waren die ersten drei Positionen das gesamte Rennen hart umkämpft.
Die ersten Drei kamen mit einem Abstand von 4,4 Sekunden ins Ziel.
In der 4. Runde konnte Lorenzo
Bandini seinen Ferrari nicht mehr in der Steilwand des Karussells halten, drehte
sich zweimal und landete mit der Front in der Hecke. Lorenzo Bandini fuhr mit
demolierter Front und auslaufendem Kühlwasser noch bis zu den Boxen bringen,
musste dann aber aufgeben.
Jim Clark
eroberte nach seinem missglückten Start Position für Position zurück und
beendete das Rennen auf Platz 4.
In der 11. Runde
geriet Jack Brabham in der Südkehre von der Strecke, konnte das Rennen
fortsetzen und gab später mit technischen Defekt auf. Auch Carel de Beaufort kam
in der Südkehre bei einem missglückten Überholmanöver gegen Giancarlo Baghetti
von der Strecke ab. Carel de Beaufort schoss mit seinem Porsche in das
Wiesengelände der Südkehre. Carel de Beaufort hielt das Rennen für beendet und
nahm seinen Helm ab, während er im Rennwagen sitzen blieb. Nach kurzen Zögern
setzte er den Helm wieder auf und versuchte mit seinem Wagen wieder auf die
Rennstrecke zu kommen. Nach mehreren Fehlversuchen gelang es ihm ausgangs der
Südkehre wieder auf die Rennstrecke zu kommen. Carel de Beaufort nahm das Rennen
wieder auf und beendete das Rennen auf dem 13. Platz.
Von 26
gestarteten Wagen erreichten 17 Wagen das Ziel in Wertung. Dies war die bislang
geringste Ausfallquote während eines Grand-Prix der Saison 1962.
Bei wolkenbruchartigem Regen siegte Graham Hill (BRM P57).
John Surtees (Lola MK4) belegte den zweiten Platz.
Dan Gurney (Porsche 804) fuhr auf den dritten Platz.
Jim Clark beendete das Rennen mit seinem Lotus 25 auf dem vierten Platz.
Er überquerte 45 Sekunden nach Graham Hill die Ziellinie.
Bruce McLaren (Cooper T60)
Joakim Bonnier (Porsche 804) beendete das Rennen auf dem 7. Platz beenden.
Phil Hill (Ferrari 156) schied mit Aufhängungsschaden in der 9. Runde aus.
Lorenzo Bandini beendete das Rennen nach der 4. Runde, nachdem er seinen Ferrari
nicht mehr in der Steilwand des Karussells halten konnte und den Wagen demolierte.
Keith Greene gab mit dem Gilby-BRM seine Deutschland-Premiere.
Er schied mit Aufhängungsschaden aus.
Lucien Bianchi mit dem E.N.B.-Maserati.
Maurice Trintignant (Lotus 24) schied frühzeitig mit Defekt aus.
Trevor Taylor (Lotus 24)
Jackie Lewis mit seinem Cooper T53 bei strömenden Regen.
Jackie Lewis (Cooper T53) beendete mit 10 Runden als letzter Fahrer in Wertung das Rennen.
Carel Godin de Beaufort (Porsche 718) konnte trotz seines missglückten
Überholmanövers das Rennen beenden.
Ian Burges (Cooper T 59) war mit Platz 11 bester Privatfahrer.
Nino Vaccarella (Porsche 718) kam mit einer Runde Rückstand auf Platz 15.
Streckenabschnitt Hatzenbach
Lorenzo Bandini (Ferrari 156)
Jack Brabham (Brabham BT3) schied aus.
Richie Ginther (BRM P57)
Roy Salvadori (Lola MK4) schied mit Defekt aus.
Jo Siffert (Lotus 21)
Giancarlo Baghetti (Ferrari 156)
Bernard Collomb (Cooper T 53) schied in der vierten Runde mit Getriebeschaden aus.
Der Dunlop-Turm zeigte während des Rennens die Rundenzahl, die Platzierung
und den Streckenabschnitt der Führenden an.
Nach der ersten Runde (fünftes Bild von links) war die Reihenfolge:
Startnr. 7 (Dan Gurney)
Startnr. 11 (Graham Hill)
Startnr. 1 (Phil Hill)
Startnr. 14 (John Surtees)
Startnr. 8 (Joakim Bonnier)
Startnr. 9 (Bruce McLaren)
Startnr. 3 (Ricardo Rodriguez)
Graham Hill bei der Siegerehrung.
Hermann Lang fuhr mit dem Nürburgring-Siegerwagen von Rudolf Caracciola
(Großer Preis 1939) eine Demonstrationsrunde nach dem Formel-1-Rennen.
AvD-Nürburgring-Trophäe
Nach dem Großen Preis von
Deutschland wurde die AvD-Nürburgring-Trophäe für Tourenwagen um 18:30 Uhr
gestartet. Bei noch mehr Regen und Nebel standen 62 Fahrer für das
Fünf-Runden-Rennen am Start. Gesamtsieger wurde Peter Lindner (Jaguar).
Nachspielzeit
Zwei Tage nach dem Großen Preis von Deutschland gab Wolfgang
Seidel einer Düsseldorfer Zeitung ein Interview, in dem er sehr offen Kritik an
seinem Ausschluss vom Rennen übte. Dieses veröffentlichte Interview rief den AvD
und den ONS auf den Plan. Am 27. August verhängte das ONS-Sportgericht eine
lebenslange Sperre für automobilsportliche Veranstaltungen gegen Wolfgang
Seidel.
"Tigergang"
Der sogenannte "Tigergang" grenzte direkt an der
Mauer zur Gegengeraden und schützte die Mechaniker und Boxencrew beim Gang vom Start-
und Zielhaus zu den Boxen. 1962 gab es noch keine Trennung zwischen Boxengasse und
Rennstrecke durch eine Leitplanke oder Boxenmauer.
Für die Bilder und Informationen zum Großen Preis von Deutschland 1962 bedanken wir uns bei:
- Lothar Spurzem
- Hans-Werner Kaltz
- Jürgen Lösch
- Wolfgang Thierack
- Dirk Rommelsheim
Veröffentlichung: 27. November 2011
Letzte Aktualisierung: 2. Januar 2022
Copyright: Burkhard Köhr